Böse Zungen mögen behaupten, der Studentenalltag bestünde nur aus Party und Schlafen - meine Leidensgenossen/-genossinnen unter euch wissen allerdings, dass dem nicht (immer) so ist und das Studium mitunter richtig stressig sein kann. Seit ich bei einer Führung durch den historischen Teil der Uni Alcalá aber gehört habe, wie es den Studenten früher so ergangen ist, kommt mir das Studium heutzutage richtig angenehm vor verglichen mit der Tortur, der sich besonders die Doktoratsantwärter/-innen damals stellen mussten.
Bei der Doktoratsprüfung musste sich der Prüfling auf eine Art Kanzel stellen - neben ihm standen auf einer Seite sein Tutor, der sich bemühte, ihn zu unterstützen und auf der anderen Seite ein Professor, der versuchte, ihn aus der Fassung zu bringen und durchfallen zu lassen. Unter der "Kanzel" saß eine Kommission von 30 Professoren, die jeweils eine Frage an den Prüfling stellen durften - wenn dieser auch nur eine Frage falsch beantwortete, fiel er automatisch durch. Über dem Prüfling standen auf einer Galerie Zuhörer, die den Doktoratsanwärter je nach Sympathie lauthals anfeuern oder beschimpfen durften. Der dadurch entstehende Lärm galt als weitere Bewährungsprobe des Prüflings - reagierte er darauf oder wehrte sich gegen Beschimpfungen, fiel er durch.
Wer die Doktoratsprüfung bestand, durfte durch das Tor des Ruhmes (puerta de gloria) ins Freie gehen, wo er vom gesamten Ort gefeiert wurde. Wer durchfiel, musste durch das Tor des Dummkopfes (puerta de burro) auf der entgegengesetzten Seite gehen, wo ihn die Bewohner Alcalás mit faulen Eiern, Tomaten und Steinen erwarteten, um ihn für sein Versagen zu bestrafen.
In der ersten Zeit nach Entstehung der Uni Alcalá am Ende des 15. Jahrhunderts fielen ca. 300 Doktoratsantwärter durch, 30 bestanden. Wer durchgefallen war, zog entweder in eine andere Stadt, um dort nochmals zur Prüfung anzutreten, oder versuchte es (verständlicherweise) erst gar nicht mehr.
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